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Johannes Bietz (links) und Edith Strecker (rechts) stellen POP_CYCLE vor.
Nach knapp zwei Jahren Recherche, Design-Sprints und 150 verschiedenen Entwürfen war es endlich soweit: Das VeloLAB und das Offenbach Institut für Mobilitätsdesign (OIMD) der Hochschule für Gestaltung (HfG Offenbach) präsentierten im stadtraum Offenbach den Poller Prototypen POP_CYCLE. Begleitet wurde die Vorstellung durch eine Diskussion mit kommunalen Vertreter*innen, die Rückmeldung zu verkehrsrechtlichen und baulichen Anforderungen gaben.
„Design setzt einen politischen Prozess in Gang und stößt Denkprozesse an“, so eröffnet einer der Institutsleiter, Prof. Peter Eckart, und das beschreibt ziemlich gut den Weg, den der Poller-Prototyp genommen hat.
"Auf der VeloLAB Launch Veranstaltung im April 2022 präsentierte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg die Problematik, kein universell einsetzbares Protektionselement zu finden. Ich bin begeistert, was das Team rund um Daniel Rese seitdem auf die Beine gestellt hat und freue mich sehr über den POP_CYCLE als Ergebnis.“ - Isabell Eberlein, Velokonzept und Projektleitung des VeloLABs.
Das VeloLAB ist eine digitale und analoge Innovationsplattform mit dem Ziel, Kommunen, Fahrradindustrie, Hochschulen und Forschungsinstitute miteinander zu vernetzen und Infrastruktur und Innovation im Bereich Fahrradmobilität zu fördern. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplan (NRVP). "Poller-Design" ist eines von fünf Projekten, die das VeloLAB betreut und sich im Bereich Infrastruktur, Innovation und Mobilität bewegen. Nach einem zweitägigen Workshop in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg im Jahr 2022 folgte ein dreimonatiger Designprozess in 2023 und eine Zwischenvorstellung auf der Fahrradkommunalkonferenz in Regensburg.
Die Anforderungen an den neu zu designenden Poller sind vielfältig. Entstanden aus der Idee der Pop-up-Radwege sollte der Poller temporär, also bis zu zehn Jahren, einsatzfähig und modular an verschiedene städtebauliche Begebenheiten anpassbar sein.
Ziel war es außerdem, ästhetisch ansprechenden, Schutz- und Leitelemente zu schaffen, die gut in das Stadtbild eingebunden sind und für eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen. Poller schützen Radfahrende und leiten Verkehrsströme, ihre Gestaltung ist jedoch im Spannungsfeld von Vorschriften, Funktionen, Ästhetik und Akzeptanz selten gut gelöst.
Edith Strecker und Johannes Bietz, die beiden Designstudierenden, die den Poller maßgeblich entwickelt haben, stellten schließlich das Endergebnis vor: den Poller POP_CYCLE.
(Bildunterschrift v.l.n.r Jana Fliegel, VeloLAB, Johannes Bietz, OIMD, Edith Strecker, OIMD, Isabell Eberlein, VeloLAB, Daniel Rese, OIMD)
Haupteinsatzzweck des Poller-Systems ist die Verstetigung von Pop-Up Radwegen und trennt damit Fahrbahn und Radweg sicher. Er besteht aus den Elementen "pilot", "bold" und "light", die modular einsetzbar sind. Das Modul "pilot" erinnert nicht umsonst an einen Panettone, der berühmte Beton-Poller aus Italien, der nach dem leckeren Gebäck benannt ist und dort Kultstatus genießt. Zum Glück gab es in der Pause genau so etwas zu probieren…
Kernelemente der Diskussion:
Abmessungen:
Bei der Stadtraumgestaltung sind räumlicher Abstand, Mindestbreiten und die Herausforderung im Bestand zu planen und zu bauen besonders wichtig. Die Möglichkeit eines Pollermoduls unter 8cm Höhe ist wichtig, damit Feuerwehr und Krankenwägen die Elemente im Notfall überfahren können. Zusätzlich zum POP_CYCLE Element „light“, welches als essentieller Bestandteil des Poller-Systems erachtet wird, wurde die Option einer noch schlankeren Variante diskutiert, die auch im Bestand von sehr engen Straßen zum Einsatz kommen könnte. Außerdem wurde beim "Pilot" gefragt, ob er hoch genug ist mit 50cm Höhe, da er vor allem auch dazu dient, Autofahrer*inne zu signalisieren, dass hier ein geschützter Radfahrstreifen beginnt.
Dabei ist das vorgestellt modulare System von großem Vorteil, da es flexible Einsetzbarkeit ermöglicht und so unterschiedliche Straßenverläufe berücksichtigt. Außerdem erlauben die Abstände zwischen den Elementen in der Montage den Abfluss von Wasser zwischen den Elementen - ein wichtiges Argument z.B. für die Stadtreinigung oder bei Starkregen. Am wichtigsten ist aber die Option eines möglichen Rückbaus der Poller nach erhöhter Akzeptanz der Verkehrsteilnehmenden, um so flexibel auf die konstante Veränderung im Straßenraum zu reagieren.
Bei schlechtem Wetter oder Dunkelheit ist besonders die Sichtbarkeit der Protektionselemente zu beachten. Daher haben die einzelnen Module eine farbliche Absetzung, ebenso wie eine zweifarbige Gestaltung, die durch den Farbwechsel und die reflektierende Folie eine erhöhte Sichtbarkeit schafft. Das Design überzeugte die Teilnehmer*innen, doch auch hier kam der sehr praxisnahe Hinweis, den Farbton mit der Straßenverkehrsbehörde abzustimmen. Das gewählte Blau könnte kritisch sein.
„Also ich würde ihn kaufen“ meinte Stefan Lüdecke vom Mobilitätsdezernat der Stadt Frankfurt abschließend. „So weit ist es noch nicht, schließlich ging es erst einmal darum, den perfekten Poller zu finden und dabei verkehrsrechtliche Anforderungen und integrierendes Design zu vereinen. Wir freuen uns über das rege Interesse und das konstruktive Feedback. Nun müssen wir interessierte Kommunen, Hersteller*innen sowie notwendige Finanzmittel finden, um den Poller testweise zu verproben und vielleicht sogar in Serie zu gehen", resümierte Daniel Rese und zeigte sich optimistisch.
Infomaterial zum Download: POP_CYCLE Infomaterial
Isabell Eberlein
Projektleiterin des VeloLAB
Geschäftsführerin Velokonzept GmbH
Tel. +49 (0) 30 311 65 14 18
Dipl.-Des. Daniel Rese
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Fachbereich Design | Integrierendes Design
rese@hfg-offenbach.de
T + 49 (0) 69 800 59 - 336
M + 49 (0) 171 172 9192
Das VeloLAB ist eine digitale und analoge Innovationsplattform, gefördert im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplan durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).
Das VeloLAB schafft Synergien, Innovationen für unterschiedliche Akteure aus der Branche, den Kommunen und der Wissenschaft. Das VeloLAB findet Lösungswege für übergeordnete Probleme, die zu groß sind für eine Firma oder eine Stadt. Gemeinsam beschleunigen wir die Innovation im Radverkehr, sowohl auf Produkt- und Dienstleistungsebene als auch im Bereich der Infrastruktur.
Das Offenbach Institut für Mobilitätsdesign (OIMD) an der Hochschule für Gestaltung (hfG)Offenbach bündelt seit Januar 2023 den Forschungs- und Lehrschwerpunkt Mobilität der Professuren für Integrierendes Design und Urban Design. Unter der Leitung von Prof. Peter Eckart und Prof. Dr. Kai Vöckler entwickeln Designerinnen und Designer Methoden und Entwürfe für eine menschbezogene und nachhaltige Mobilitätsgestaltung, in Forschungs- und Anwendungsprojekten ebenso wie in der akademischen Lehre. Sie kooperieren dabei mit Forschenden anderer Disziplinen und Hochschulen, mit Kommunen und Behörden, mit Verkehrsunternehmen und Architektur- und Designbüros.